Rheuma bei Kindern – Was du wissen solltest

Rheuma bei Kindern, auch juvenile idiopathische Arthritis (JIA) genannt, ist eine chronische Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die eigenen Gelenke angreift. Rheuma ist keine seltene Erkrankung: In Deutschland sind etwa 15.000 Kinder und Jugendliche betroffen.

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Der Begriff „Rheuma“ beschreibt eine große Gruppe von chronischen Entzündungserkrankungen, bei denen das Immunsystem, das eigentlich den Körper vor Infektionen schützen soll, fälschlicherweise eigene Organe und Körperteile angreift. Diese sogenannten autoimmunen Entzündungen können in einzelnen Organen (Lunge, Haut, Nieren) und Körperteilen (Gelenke und Knochen) oder auch systemisch im ganzen Körper vorkommen. Am häufigsten kommt im Kindes- und Jugendalter die chronische Gelenkentzündung, die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) vor. Rheuma im Kindesalter ist keine seltene Erkrankung: In Deutschland sind etwa 15.000 Kinder und Jugendliche betroffen.

Formen von Rheuma bei Kindern

Im Kindes- und Jugendalter können verschiedene Formen von Rheuma auftreten. Die häufigste Form ist die juvenile idiopathische Arthritis (JIA). Dabei handelt es sich um eine chronische Entzündung der Gelenke, diese kann Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen der Gelenke verursachen. Es gibt verschiedene Unterformen der JIA, je nachdem, welche und wie viele Gelenke betroffen sind und welche begleitenden Entzündungen an anderen Organen (z.B. den Augen, der Haut oder auch den Sehnen) auftreten.

Typische, meist nur im Kindesalter auftretende Rheumaform sind die chronische nichtbakterielle Osteitis (Entzündung der Knochen, meist im Becken, den Beinknochen oder den Füßen), die Dermatomyositis (eine Entzündung der kleinen Blutgefäße in der Haut und Muskulatur) oder die umschriebene (circumskripte) Sklerodermie (eine lokalisierte Entzündung des Haut- und Unterhautgewebes).

Bei weiteren, selteneren systemischen Formen im Kindesalter, kommt es zu autoimmunen Entzündungen mehrerer oder einzelner Organe wie der Haut, der Nieren, des Darmes oder der Lunge. Die Symptome sind vielfältig, meist kommt es zu einer anhaltenden Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Hautausschlägen, Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen oder auch Durchfällen und Bauchschmerzen. Diese Rheumaformen sind sonst eher im Erwachsenenalter typisch, treten aber auch selten im Kindesalter auf. Dazu gehört der Lupus erythematodes und andere Kollagenosen (Entzündung von Bindegeweben mit Erkrankung von meist mehreren Organen z.B. Niere, Darm, Lunge, Haut und auch Gelenke). Zu diesen sehr seltenen Formen im Kindesalter zählen auch chronische Gefäßentzündungen (Vaskulitiden). Dabei kommt es zu einer Durchblutungsstörung und Schädigung der betroffenen Organe wie der Nieren, der Lunge und auch der Haut.

Eine sehr besondere Rheumaform stellen die Autoinflammationserkrankungen dar, zu denen die Fiebersyndrome gehören. Die Patienten haben typischer weise wiederkehrendes Fieber ohne Infektion und zeigen – je nach Form der Erkrankung – eine zusätzliche spezifische Symptomatik wie Lymphknotenschwellungen, Hautausschläge, Bindehautentzündungen, Erkrankungen der Lunge des Darmes oder auch Gelenkentzündungen. Bei einem Teil dieser Erkrankung gibt es eine genetische Ursache – das heißt, dass diese Erkrankungen angeboren sind und dadurch meist und gerade bereits im Kindesalter erste Symptome auftreten.

Diagnose

Die Diagnose von chronischen Entzündungserkrankungen kann eine Herausforderung sein. Denn für viele der autoimmunen Erkrankungen gibt es keine spezifischen Blutmarker oder hinweisenden klinischen Anzeichen. Die Symptomatik kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Müdigkeit, Gelenkschwellungen, Morgensteifigkeit oder ein unklares Fieber können erste Hinweise auf z.B. eine chronische Gelenkentzündung sein. Kinderärzte oder Rheumatologen stellen die Diagnose durch eine gründliche klinische Untersuchung.

Durch zusätzliche Bluttests und bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT müssen andere Erkrankungen, die auch in Frage kommen können, ausgeschlossen werden. Eltern können helfen, indem sie die Symptome und gesundheitlichen Veränderungen ihrer Kinder gut beschreiben, auf ihr Bauchgefühl hören und bei Verdacht auf eine anhaltende Erkrankung mit Entzündungszeichen (Fieber, Müdigkeit, Schlappheit, Hautausschläge, Überwärmung und Verdickung von Gelenken) frühzeitig ärztlichen Rat einholen.

Behandlung

Erkrankungen aus dem Rheumaformenkreis im Kindes- und Jugendalter lassen sich in den meisten Fällen heute sehr gut behandeln. Man kennt die Ursache dieser Erkrankungen bisher immer noch nicht genau, aber ein zunehmendes Verständnis vom Immunsystem und den Entzündungsabläufe im Körper, hat dazu geführt, dass neue spezifisch wirkende Medikamente zur Verfügung stehen. Die Therapie von rheumatischen Erkrankungen ist immer eine Kombinationstherapie, bestehend aus entzündungshemmenden, das Immunsystem bremsenden Medikamenten, Physiotherapie, physikalischen Therapien (Kälte oder Wärme) und ergotherapeutischen Maßnahmen, um z.B. Beweglichkeit von Gelenken wieder her zu stellen und zu erhalten.

Häufig eingesetzte Medikamente sind entzündungshemmende und schmerzreduzierende Substanzen wie Ibuprofen oder Naproxen. Meist muß in der Anfangsphase auch Kortison eingesetzt werden, um bestehende Entzündungsprozesse möglichst rasch einzudämmen. Kortison wird bei Gelenkentzündungen auch lokal in die entzündeten Gelenke eingespritzt. Das hilft direkt am Ort der Entzündung und belastet nicht den ganzen Körper. Dieser Eingriff kann in der Klinik unter einem leichten medikamentösen schmerzlosen Schlaf durchgeführt werden, so dass die Kinder davon nichts mitbekommen. Damit die Entzündung dann auch langfristig unterdrückt wird, wird sehr häufig und schon seit sehr vielen Jahren mit guter Erfahrung das Medikament Methotrexat eingesetzt. Weil man das Medikament bei der Therapie von Kindern schon so lange kennt, ist es die Therapie der ersten Wahl. Wenn die Therapie mit Kortison und MTX nicht ausreicht, dann stehen die neueren s.g. Biologika zur Verfügung. Diese Medikamente hemmen einzelne Signalwege des Immunsystems so dass ein Entzündungsprozess sehr gezielt unterbrochen werden kann. Der Arzt bespricht mit den Eltern und dem betroffenen Kind jeweils, welches Medikament für seine/ihre Erkrankung das Beste ist und klärt über die Wirkung und wichtige Nebenwirkungen auf.

Neben den genannten Therapieformen ist häufig auch eine psychologische Unterstützung für die betroffenen Kinder und die Eltern oder Geschwister notwendig. Auch eine gesunde Ernährung kann hilfreich sein, ersetzt aber nie eine wirksame medikamentöse Therapie. Mit der richtigen Therapie können die meisten Kinder ein aktives und erfülltes Leben führen.

Zum Autor

PD Dr. Philipp von Bismarck ist stellvertretender Direktor der Klinik für Kinderonkologie und -rheumatologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.

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